Agiles Führungscoaching
10. April 2019Business Transformation
10. April 2019Holakratie bzw. Holokratie bzw. Holacracy
Eine der neuen Denkschulen, zu denen auch die des Design Thinking gehört, die immer mehr Menschen und Unternehmen inspirieren, ist die Holakratie. Die Grundzüge hat Brian Robertson in dem Buch „Holacracy: The revolutionary management system that abolishes hierarchy“ skizziert. Robertson bezeichnet Holakratie als „an operating system upgrade“, also ein neues Organisations-Betriebssystem. Die soziale Technologie soll Unternehmen unterstützen, sich aus überkommenen Strukturen zu lösen und neu zu organisieren. Starre Hierarchien, Obrigkeitsdenken – all das soll in der neuen Arbeitswelt der Vergangenheit angehören.
Holakratie, zusammengefügt aus dem altgriechischen hólos für „alle“ und -kratie für „Herrschaft“, erlaubt zum Beispiel, dass alle Beschäftigten Entscheidungen mitgestalten. Befreit von einst zugewiesenen Funktionen wie Einkaufsleiter oder Buchhalter bringen sie sich als gleichwertige Individuen ein. Was zählt, ist der Prozess, nicht eine bestimmte Person. Ganz wichtig: An die Stelle herkömmlicher Matrixorganisationen, die von oben nach unten Machtbefugnis und Abhängigkeit illustrieren, rücken nunmehr wie in einem Uhrwerk miteinander verzahnte Kreise und Zellen, die autonom agieren. Hier geht es um Steuerung, dort um Kundenprojekte. Den durchschlagendsten Erfolg gab es bisher in Amerika bei Zappos, einem zu Amazon gehörenden Online Shop. Er ist mit seinen 1.500 Mitarbeitern das erste privatwirtschaftliche Unternehmen mit Rang und Namen, das die Holokratie nach einer Testphase mit anschließender Befragung der Mitarbeiter im Mai 2015 einführte. Der Grund dafür könnte tatsächlich in der Führung beziehungsweise Nicht-Führung liegen: Abhängig von einzelnen Mitarbeitern, aber eben auch von der Größe des Unternehmens besteht möglicherweise ein dezidierter Wunsch nach Führung und Führungsverantwortung eines Vorgesetzten: Nicht jeder ist ein Anhänger von gewaltfreier Kommunikation, nicht jeder kann mit soviel Freiheit und Entscheidungsspielraum umgehen. Praxisbeobachtungen berichten von Erfahrungen in Unternehmen, in denen Verantwortlichkeiten nicht klar waren und dementsprechend das Konzept nicht funktionierte. Außerdem setzt Holokratie darauf, dass alle Beteiligten ihre Rollen einnehmen: passiert das nicht, ist Scheitern ebenfalls vorprogrammiert. Das kann – vor allem bei Unternehmen, die lange einen anderen Führungsstil verfolgt haben – zum Verlust von Mitarbeitern und Führungskräften führen.
Meetingkultur in der Holokratie
Obwohl die Effektivität von Meetings oftmals infrage gestellt wird, kommt die Holokratie nicht ohne aus, mehr noch: Sie sind ein wichtiger Bestandteil. Allerdings folgen die Meetings klaren Regeln, die für Effektivität sorgen. Die Treffen erfolgen in drei Formaten:
- Operative Meetings: Hier steht geht es um alltägliche Aufgaben und die Frage, wie die Effizienz bestimmter Projekte gesteigert werden kann.
- Strategische Meetings: Hier werden die wichtigsten Fragestellungen diskutiert.
- Steuerungsmeetings: Sie dienen der Weiterentwicklung der Strukturen – etwa, ob Kreise vielleicht zusammengelegt werden könnten oder neue entwickelt werden müssen.
Da es keine klassischen Führungsrollen mehr gibt, stoßen die Teammitglieder aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen mit Problemen selbst neue Entwicklungen an. Entscheidungen werden nach Konsent getroffen, das bedeutet, dass relevante Argumente ausgetauscht werden und ein Beschluss gefasst wird, wenn keine triftigen Einwände vorliegen. Die Struktur der Meetings und Rollen bedingt außerdem einen sachlichen Austausch, bei dem persönliche Animositäten nach Möglichkeit ausgeschlossen werden. Vergleichbar ist das wie in einem Mannschaftsspiel: Man mag vielleicht den einen oder anderen Mannschaftskollegen nicht besonders sympathisch finden, aber in seiner jeweiligen Rolle spielt man ihm den Ball zu, wenn man sieht, dass dieser an geeigneter Position steht. Robertson selbst sieht Holokratie als evolutionäre Entwicklung herkömmlicher Organisationskonzepte und vergleicht es mit einem Körper: Wie in einem Körper interagieren alle Organe miteinander und trotzdem ist jedes Organ für sich mit eigenen Funktionen betraut.